Freitag, 13. Mai 2016

PS:

Fünfte Klasse oder so? Irgendwann fing das jedenfalls an, dass man da seine Berufswünsche zu Protokoll geben musste. Man war angehalten, einen ersten und einen zweiten, also alternativen Wunschberuf anzugeben. Falls es also mit der Karriere (dieses Wort war natürlich verpönt, man benutzte es selten bis nie) als Tiefseetaucher oder Jagdflieger nicht klappen sollte, konnte man immer noch eine andere berufliche Laufbahn einschlagen, etwa als fleißiger Traktorist oder stolzer Lokomotivführer, man hätte sogar Binnenschiffer werden bzw. einen diesbezüglichen Wunsch anmelden können. Kapitän werden, man stelle sich vor, und auf einem rostigen Lastkahn den Mittellandkanal entlang schippern – der Traum vieler Jungs, damals. Die Auswahl war verständlicherweise nicht groß, aber Alternativen gab’s. Natürlich konnte man sich nicht hinstellen und sagen: Alda, ich werd da mal was mit Medien machen oder Künstler werden, also Lebenskünstler. Das war nicht drin, Leute. Sag ich mal so klipp und klar. Wer Penner werden wollte, konnte schließlich rübermachen. Basta. Quatsch, konnte man natürlich nicht, verflucht noch eins. Nee, so nicht. Nicht so. Nicht ohne weiteres. Jedenfalls, aha, jetzt fällt mir ein, was ich ursprünglich erzählen wollte: Da wurden diese Zettel also nach ein paar Minuten Bedenkzeit vom Klassenleiter eingesammelt und irgendwann später zurückgegeben. Oder war das sogar noch diese cholerische und hoffnungslos überforderte Lehrerin, die wir in der Unterstufe hatten? Von der hatte ich ja schon früher mal andeutungsweise erzählt. Nein, ich glaub, die Bemühungen zur beruflichen Orientierung und Lenkung des Jungpersonals starteten erst etwa in der 5. Klasse. Welchen Hintergrund das alles hatte, soll uns jetzt aber auch nicht interessieren; es ist nebensächlich, belanglos, unwichtig.

Je nach Lust und Laune hatte dann der Lehrer auch irgend’nen mündlichen Kommentar für uns parat, spöttisch oder launisch, abhängig davon, wie er so drauf war. Da lachten wir dann. Kinder lachen gern über Späßchen (oder über Mitschüler). Ist allerdings immer eine Gratwanderung für nen Lehrer, da das manchmal außer Kontrolle gerät und dann die Disziplin leidet … tja, ja. Unser Klassenlehrer, Mathe hat er übrigens in erster Linie unterrichtet, der war aber schon eine ziemlich coole Sau, ganz anders als diese frustrierten Lehrerinnen in der Unterstufe. War ein sympathischer und kerniger Typ, fair und umgänglich auch, einer von denen, die im wahrsten Sinne des Wortes eine natürliche Autorität verkörpern. Seewolftyp etwa. Keiner von diesen Luschen und Schlappschwänzen, beg your pardon, die heutzutage auf die Kinder losgelassen werden … War ja übrigens, wenn ich mir diese Bemerkung mal erlauben darf, ein Problem für Heranwachsende männlichen Geschlechts, dass man in frühen Schul- und Kinderjahren einfach zu vielen erzieherischen Einflüssen von weiblicher Seite ausgesetzt war und diesbezüglich manipuliert wurde (jede Erziehung ist bekanntlich auch Manipulation). Es fehlten im Kindergarten und dann im Schulalltag, jedenfalls in den unteren Klassenstufen – und oft auch zu Hause – die wahrhaftigen männlichen Vorbilder, die „Role Models“ des eigenen Geschlechts, an denen man sich als Kind unbewusst orientiert, an denen man sich misst, die man vielleicht bewundert und denen man nacheifert. Stattdessen waren da gar keine männlichen Bezugspersonen oder nur Luschen. Oder eben frustrierte Frauen. Solche, für die Schönschreiben und Sauberkeit der Hefte wichtiger war als Wissen, Rechnen, logisches Denken. So wie sie in den ersten Klassen Bienchen oder Schnecken in die Hefte gestempelt haben, so wurden auch die (männlichen) Kinderseelen abgestempelt, verkorkst, fehlgeprägt.
Leuchtet wohl ein, dass das nicht gut gehen konnte. Die traurigen Ergebnisse kann man tagtäglich bei Tageslicht auf den Straßen und in den Bahnen besehen. Oder an sich selbst … ;-) Daher war der Klassenlehrer, den wir ab der 5. Klasse hatten, für viele sicherlich überhaupt die erste männliche Bezugsperson (sofern ein Vater nicht verfügbar). Und Mathe hat damals auch noch Spaß gemacht. Okay, ich übertreibe vielleicht etwas, nicht wirklich Spaß, aber erträglich war es. Schwamm drüber, Deckel drauf. Klappe zu, Affe tot.

1 Kommentar:

  1. PPS: Das obige Postskriptum gehört zu diesem Beitrag (hatte ich wohl gar nicht erwähnt oder?): http://citronimus.de/einfach-nur-mitfahren/

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